Versorgung von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen (Neonatologie)
Medizinische Informationen
In Deutschland wird pro Jahr fast jedes zehnte Kind (rund 60.000 von 720 000 Neugeborenen) zu früh geboren, davon rund 8.000 Kinder mit einem Gewicht von weniger als 1.500 Gramm. Solche Frühgeborenen sowie krank geborene Säuglinge bedürfen hochqualifizierter medizinischer Versorgung und Pflege durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt „Neonatologie“ (von lateinisch „neonatus“ = neugeboren; Neonatologie ist die Lehre vom Neugeborenen) sowie durch speziell ausgebildete Pflegekräfte.
Netz von Perinatalzentren
Aus diesem Grunde wurden an ausgewählten Krankenhäusern so genannte Perinatalzentren (von griechisch „peri“ = um, herum, und lateinisch „natus“ = geboren) gebildet, in denen spezialisierte Abteilungen wie die Geburtshilfe, die Neugeborenenintensivmedizin, die Kinderchirurgie und die Gynäkologie im selben Gebäude organisatorisch eng zusammenarbeiten, um eine optimale Versorgung von Mutter und Kind bei Früh- bzw. Risikogeburten sicherzustellen. So wurde in Hamburg ein flächendeckendes Netz von insgesamt sieben Perinatalzentren und einem perinatalen Schwerpunkt entwickelt. Hinzu kommen vier normale Geburtskliniken für problemlose Geburten; das ist bei rund 90 Prozent der Schwangerschaften der Fall.
Überlebenswahrscheinlichkeit von Frühgeborenen
Die Neonatologie hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Hochleistungsmedizin entwickelt und die Versorgung von Frühgeborenen hat dadurch enorme Fortschritte gemacht: Während noch vor etwa 50 Jahren rund 90 Prozent der stark untergewichtigen Frühgeborenen verstorben sind, konnte die Sterberate heute auf unter 5 Prozent gesenkt werden. Die Grenze der Lebensfähigkeit von Frühgeborenen beginnt zurzeit etwa bei 23 Schwangerschaftswochen. Ab 24 Schwangerschaftswochen haben Frühgeborene eine Überlebenswahrscheinlichkeit von etwa 60 Prozent, ab einem Geburtsalter von 28 Wochen bereits von über 90 Prozent.
Gesundheitliche Risiken für Frühgeborene
Da ihre Organe noch nicht ausgereift und wichtige Körperfunktionen wie zum Beispiel das Immunsystem oder die Temperaturregelung noch nicht voll entwickelt sind, haben Frühgeborene ein hohes Risiko für Erkrankungen, die zum Teil bleibende Beeinträchtigen hinterlassen können. Dazu gehören u.a. Hirnblutungen, neurologische Störungen, Lungenschäden, Netzhauterkrankungen, Infektionen oder schwere Darmerkrankungen, in deren Folge Teile des Magen- und Darmtraktes absterben können. Dank des medizinischen Fortschritts und der guten Versorgung können Neonatologen die Häufigkeit solcher schweren Erkrankungen durch frühzeitige Gegenmaßnahmen, die vereinzelt schon vor der Geburt einsetzen, auf eine Rate von weit unter 10 Prozent, zum Teil sogar unter 2 Prozent senken. Frühgeborene haben also nicht nur eine hohe Überlebenschance, sondern sie reifen in über 90 Prozent der Fälle auch zu gesunden Kindern heran.
Was sind Risikogeburten?
Nicht nur Frühgeburten gelten als Risikogeburten, sondern generell wird von einer Risikogeburt ausgegangen, wenn eine erhöhte gesundheitliche Gefahr für das Kind oder die Mutter bzw. für beide besteht. Das ist zum einen bei Komplikationen wie Steiß- oder Querlage des Kindes, Nabelschnurvorfall oder auch bei zu späten Geburten der Fall. Sehr lange Geburten (über 16 Stunden), Notfallkaiserschnitte, Zangen- und Saugglockengeburten werden ebenfalls als Risikogeburten eingestuft. Zum anderen gehen Ärzte und Hebammen grundsätzlich auch bei Risikoschwangerschaften sicherheitshalber von einer Risikogeburt aus – also zum Beispiel bei Müttern über 35 Jahre, bei Müttern, die schon einmal eine Fehl- oder Risikogeburt hatten, bei Mehrlingsschwangerschaften, bei chronischen oder Sucht-Erkrankungen der Mutter oder auch bei Fehlbildungen und Gesundheitsschäden des Kindes, die bereits im Mutterleib erkennbar sind.
Geburtskliniken unterscheiden sich nach vier Versorgungsstufen:
Perinatalzentren Level I:
Dies ist die höchste Versorgungsstufe. Nur hier sollen - möglichst schon vor der Geburt - Mütter eingeliefert werden, deren Kind voraussichtlich vor der 29. Schwangerschaftswoche bzw. mit einem Gewicht unter 1.250 g geboren wird. Folgende Qualitätsanforderungen haben Level-I-Zentren u.a. zu erfüllen: Ärztliche Leitung und Stellvertreter müssen die Qualifikation „Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin“ bzw. „Neonatologie“ nachweisen. Mindestens 40 Prozent des Kinderkrankenpflegepersonals hat die Zusatzqualifikation „Pädiatrische Intensivpflege“. Entbindungsbereich, OP und neonatologische Intensivstation müssen in miteinander verbundenen Gebäuden untergebracht sein, damit keine langen Transportwege nötig sind.
In Hamburg gibt es in folgenden Krankenhäusern Perinatalzentren Level I:
- Asklepios Klinik Altona (in Kooperation mit dem Altonaer Kinderkrankenhaus)
- Asklepios Klinik Barmbek
- Asklepios Klinik Nord
- Katholisches Marienkrankenhaus (in Kooperation mit dem Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift)
- Universitätsklinikum Eppendorf
Perinatalzentren Level II:
Die Zentren Level II sind vorgesehen für die Versorgung von Neugeborenen ab einem voraussichtlichen Gewicht von über 1.250 g bzw. einer Entbindung oberhalb von 29 Schwangerschaftswochen. Die wichtigsten Qualitätsanforderungen: Nur die ärztliche Leitung benötigt die Qualifikation „Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin“ bzw. „Neonatologie“. Mindestens 30 Prozent des Pflegepersonals müssen die Weiterbildung „Pädiatrische Intensivpflege“ absolviert haben. Auch hier gilt die räumliche Nähe zwischen Entbindungsbereich, OP und neonatologischer Intensivstation. In Hamburg gibt es in folgenden Krankenhäusern Perinatalzentren Level II:
- Albertinen-Krankenhaus (in Kooperation mit dem Altonaer Kinderkrankenhaus)
- Helios Mariahilf Klinik Harburg (zurzeit ausgesetzt)
Zentren mit perinatalem Schwerpunkt:
Perinatale Schwerpunkte gibt es in Krankenhäusern, die eine Geburtsklinik mit angebundener Kinderklinik haben. Sie sind für Frühgeborene über 1.500 g bzw. mit einem Entbindungstermin oberhalb von 32 Schwangerschaftswochen vorgesehen.
In Hamburg gibt es in folgendem Krankenhaus einen perinatalen Schwerpunkt:
- Asklepios Klinik Wandsbek (in Kooperation mit dem Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift)
Geburtskliniken:
In Geburtskliniken ohne Perinatalzentrum bzw. perinatalem Schwerpunkt sollten nur Schwangere mit einem Entbindungstermin ab der 36. Schwangerschaftswoche ohne zu erwartende Komplikationen ihre Kinder zur Welt bringen. Das sind rund 90 Prozent aller Schwangeren
In Hamburg gibt es in folgenden Krankenhäusern Geburtskliniken ohne Perinatalzentrum bzw. perinatalem Schwerpunkt:
- Agaplesion Diakonieklinikum
- Bethesda Krankenhaus Bergedorf
- Ev. Amalie Sieveking-Krankenhaus
Zu den Qualitätsergebnissen der Neonatologie.